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Durch jeden Mist hindurch

Warum ich nicht aufgeben kann.

Was für eine schöne Geschichte hat uns Sophia Popov (Sophia Popov auf Facebook) mit ihrem Golf Major-Turniersieg bei den British Open in der Grafschaft Ayrshire im Royal Troon Golf Club (ein Tagesspiegel Kommentar dazu) da vor einer Woche geschenkt. Für alle, die das Ganze nicht so mitbekommen haben hier in Kürze einmal zusammengefasst.

Sophia Popov ist eine deutsche Golferin, die in der Weltrangliste auf Platz 304 liegt. Ihr bestes Ergebnis bei einem Major-Turnier bisher war der 57. Platz. Mit ihrem British Open Sieg ist sie die erste deutsche Frau, die ein Major-Turnier gewinnen kann. Das ist bisher erst zwei deutschen Männern gelungen. Bernhard Langer (Masters 1985/1993) und Martin Kaymer (PGA Champ. 2010/US Open 2014). Damit hat Sophia Popov deutsche Golfgeschichte geschrieben. Damit ist diese Geschichte von Sophia Popov aber noch nicht zu Ende erzählt.

Sie hatte vor rund neun Monaten einen Putt am Loch vorbeigeschlagen und verpasste dadurch ihre Startberechtigung für die US-amerikanische Profigolf-Tour. Diese Startberechtigung gilt für 5 Jahre. In dieser Zeit war das wohl der Höhepunkt einer schlecht laufenden Karriere. Sophia Popov hat viele Rückschläge einstecken müssen. Rückenprobleme machten ihr lange zu schaffen. Sie überlegte, mit dem Golf aufzuhören. Dann kommt auch noch das verpasste Tourticket durch den versemmelten Schlag dazu. Sie begleitete daraufhin Ihre Freundin Anne van Dam als Caddie auf der Tour. Über eine weitgehend hier unbekannte Cactus Tour in den USA schaffte sie dann die Teilnahmeberechtigung für die British Open. Auf der extrem schwer zu spielenden Anlage in der Grafschaft Ayrshire, zeigte sie dann jedoch was sie tatsächlich zu leisten im Stande ist und gewinnt ihr erstes Major Turnier. Neben wahnsinnigen 670.000$ Preisgeld verbesserte sie sich damit von Platz 304 auf Platz 24 (Mal anschauen, was für eine Grafik !).

Artikel über Popov Sieg auf Golf.de Foto (c) www.golf.de

Diesen so tollen Erfolg verdankt sie zu einem Teil ihrem Freund, Trainer, Berater, Caddie Max Melhes. An ihrem Tiefpunkt überlegte sie ob sie mit dem Golf aufhören soll. Sie investierte so viel Zeit, Energie, Schweiß, Leidenschaft, Tränen in ihr Golfspiel, aber sie schafft es nicht in die Weltspitze, leidet lange Zeit unter Rückenproblemen und kommt an die Sinnfrage: „Wozu?“, „Wozu das alles?“, „Ich mache und tue, ich strenge mich an, ich gebe nie auf, aber es kommt nichts dabei rum, es geht nicht weiter, nicht aufwärts. Also wozu mache ich das alles?“. Ich bin fest davon überzeugt, wir alle, jeder Einzelne von uns kennt diese Gedanken nur zu gut. Ich auf jeden Fall kann mich sehr gut in sie hineinversetzen. Ich kenne diese Gedanken, „… wozu…?“ so gut, manchmal denke ich, ich habe sie erfunden.

Unerwünschte, aber treue Begleiter. Tag für Tag.

Nun aber zurück zu Max Melhes, ihrem Freund. Er sagt zu ihr, dass es vollkommen egal ist, wie sie entscheidet. Aufhören oder weitermachen. Egal wie sie entscheidet, es ist gut und er unterstützt sie bei ihrer Entscheidung, egal wie sie ausfällt. Aber er appelliert an sie und fordert von ihr, dass die Entscheidung, die sie trifft, dann von ihr zu 100 % gelebt wird. Damit fordert er ihr ab: Wenn du aufgibst, gib bitte zu 100 % auf. Wenn du nicht aufgibst, dann gib bitte zu 100 % NICHT auf. Da Sophia Popov eine Kämpferin ist, die sich noch immer durchgebissen hat, entscheidet sie sich nicht aufzugeben. Und das zu 100 %. Ihr Erfolg letzte Woche ist ihr wohlverdienter Lohn. Sophia Popov nutzte die Stunde des Triumphs für einen flammenden Appell: “Wenn du jemals über Aufgeben nachdenkst, gib nicht auf. Denk darüber nach, dann denke noch einmal darüber nach und kämpfe dich einfach durch.”

Auch wenn ich keine so tollen Erfolge einfahren kann, wie ein Golf Major-Turnier zu gewinnen, ich kenne diese Gedankenwelt nur zu gut. Wer sich nach einer schweren Diagnose mit körperlichen Einschränkungen aus einer schweren Erkrankung zurückkämpfen muss, der wird ganz sicher viele Täler durchschreiten müssen. Dabei machte man so unglaublich oft nur klitzekleine Minischritte. Oft geht es einfach nicht weiter.

Manchmal tritt sogar noch das Gegenteil ein, es geht noch ein Stück abwärts. Ich kämpfe und kämpfe, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr, doch statt schneller, höher, weiter, bekommt man so oft einfach einen Schlag auf die Kämpfermütze. Es geht nicht weiter, mehr ist an dieser Stelle nicht drin. Mehr geht nicht mehr. Wenn ich es mit meinem Kampf übertreibe, bekomme ich schneller die Quittung als ich „guten Morgen“ sagen kann.

Gerade aktuell habe ich wieder so eine mistige Sache, die mich in die Schranken weist. Ich habe mein Trailrunningtraining geseigert, bin weitere Strecken gelaufen. Damit ich die Kraft in den Beinen für die langen Strecken aufbauen kann, habe ich auch mein Seilspringen gesteigert. Ich habe ein sehr intensives 2 Stunden Seilspringen Workout gemacht. Es war so toll. Ich war am Ende erschöpft, vollkommen durchnässt vom Schweiß, die Beine zitterten beim “aufrecht” stehen. YEAH…i love it. Am nächsten Tag hatte ich die Quittung. Achillessehnenreizung, aber wie. Einfaches Gehen war kaum mehr möglich ohne Schmerzen. Jetzt wissen wir alle, Achillessehenreizung können sehr schnell chronisch werden, und dann hast du das Problem aber richtig. Ich musste nun 3 Wochen lang jeglichen Kampf einstellen und mit Kühlakkus um die Achillessehne gewickelt auf dem Sofa rumliegen. Na toll. Da fragt man sich als erwachsener Mann, „Wie dämlich, kannst du doch sein“. Mein ganzes Training für den 100 km Lauf ist mal wieder ziemlich umsonst gewesen. Der Formverlust in drei Wochen ist wieder immens groß und ich muss wieder mal mit klitzekleinen Schritten mich von diesem selbst gemachten Rückschlag erholen, dann erst kann ich am Weiterkommen arbeiten.

So werden wir ständig in unsere Schranken gewiesen. Manchmal fallen die Dinge aus dem Himmel für die wir nichts können und manchmal sind wir selbst schuld daran, wie ich in diesem Fall. Aber alle diese Rückschläge, das sich nur langsame entwickeln von Fortschritten, die unglaublich große Anstrengung die nur kleinste Ergebnisse zeigt, die Geduld bis endlich sichtbare Ergebnisse eintreten, die Angst nicht mehr weiterzukommen. All das, zehrt an unseren Nerven, braucht unseren Mut auf, zwängt uns in Verzweiflung, nimmt uns Hoffnung. Doch was ist der Ausweg aus einem solchen Teufelskreis? Ich für mich glaube, es gibt nur einen einzigen Ausweg und Sophia Popov zeigt ihn auf und spricht ihn aus:

“Wenn du jemals über Aufgeben nachdenkst, gib nicht auf. Denk darüber nach, dann denke noch einmal darüber nach und kämpfe dich einfach durch.”

Ich kämpfe mich durch, egal wie oft und egal wie weit ich zurückgeworfen werde. Denn für mich steht fest:

Ich weiß nicht, wann ich meinen letzten Atemzug tun werde, aber was ich weiß ist, dass ich keinen davon freiwillig hergeben werde. Wenn der Sensenmann mich durch Krankheit holen will, dann hat er ein Problem. Er muss gegen mich antreten, und ich bin gut trainiert. Immer.

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