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Der verdiente Lohn

Auf der Suche nach dem nächsten Muskelkater

„Wann hattest du zum letzten Mal einen Muskelkater? “. Die Antwort auf diese Frage verblüfft mich häufig, da ich sehr oft die Antwort „Oh, das ist schon lange her“ bekomme. Warum ist es so, dass viele Menschen recht selten Muskelkater haben? Na ja, wer keinen Sport macht, bekommt auch keinen Muskelkater und wer Sport richtig macht auch nicht. Deshalb bekommen nur Sport-Anfänger, Neu- und Wiedereinsteiger einen Muskelkater. Und außerdem ist Muskelkater ja eine Muskelverletzung und das wiederum ist ungesund. Also ist Muskelkater ungesund und ein Zeichen dafür, dass man übertrieben hat.

Ja ja, so kann man argumentieren, muss man aber zum Glück nicht. Man kann das Thema Muskelkater auch anders sehen. Schauen wir zuerst einmal, was Muskelkater eigentlich ist. Muskelkater ist tatsächlich eine Muskelverletzung. Kleine Mikrorisse, die durch Überlastung des Muskels entstehen. Diese Mikrorisse entstehen jedoch nicht nur durch Überlastung beim Sport. Auch dehnen eines Muskels, wie z. B. sehr häufig bei physiotherapeutischen Anwendungen, kann Muskelkater verursachen. Ja selbst Massagen können diese Mikrorisse hervorrufen und bringen im Anschluss einen Muskelkater hervor. Wenn bei der Massage, dem Dehnen oder während der sportlichen Betätigung der Muskel „über Gebühr“, also „mehr als sonst“, „ungewohnt“, auf „seltene Art und Weise“, „stärker als sonst“ belastet wird, können diese kleinsten Mikrorisse entstehen. Dies Mikrorisse beginnen sich im Laufe von mehreren Stunden leicht zu entzünden.

Beispiel eines Stufentest zur Lactatmessung bei einer Spiroergometrie

Dadurch dringt Wasser in das Muskelgewebe, woraufhin der Muskel im verletzten Bereich leicht anschwillt. Dieses „Anschwellen“ verursacht dann die typischen Muskelkaterschmerzen. Das klingt jetzt aber wirklich äußerst ungesund. Ist es aber nicht.

Sobald diese Mikrorisse entstanden sind, schüttet der Körper Wachstumshormone aus. Dies signalisieren dem Körper „Hier ist etwas defekt, bitte reparieren“. Die Wachstumshormone steuern somit unsere Regenerationsprozesse. Unser Körper versteht den Muskelkater auf eine ganz eigene Weise. Im Grunde genommen sagt der Muskelkater zum Körper „Hey, die Muskelmenge und/oder Muskelqualität, die du mir zur Verfügung stellst, ist nicht mehr ausreichend für die Aktivitäten, die ich machen soll. Ich brauche mehr Muskeln, stärkere Muskeln, schnellere Muskeln“. Der Körper repariert nun nicht nur die defekten Muskeln, indem er die Risse repariert, er baut auch, quasi auf Vorrat, einfach mal mehr Muskelfasern auf, oder erhöht die Anzahl der Energiekraftwerke (Mitochondrien) im Muskel. So werden wir nach einem Muskelkater immer mehr und bessere Muskeln zur Verfügung haben als vor dem Muskelkater.

Lactate

Bei der Energieerzeugung produziert der Körper die benötigte Energie aus Fetten oder Kohlenhydraten. Im Ruhezustand oder bei moderater Leistung wird die Energie hauptsächlich aus Fetten unter Zuhilfenahme von Sauerstoff (aerober Stoffwechsel) erzeugt. Dabei schon entsteht Lactat, welches sofort wieder abgebaut wird. So befindet sich selbst im Ruhezustand etwa 0,7 -1,3 mmol Lactat im Blut. Da uns bei anstrengenden Aktivitäten nicht mehr ausreichend Sauerstoff zur Energiegewinnung zur Verfügung steht, greift der Köper nun auf die Energiegewinnung aus Kohlenhydraten zurück (anaerober Stoffwechsel). Die Schwelle, ab der der Körper vom aeroben in den anaeroben Stoffwechsel wechselt, liegt etwa bei 4 mmol Lactat im Blut. Dabei entsteht das Lactat schneller, als es vom Körper abgebaut wird. Dadurch steigt der Lactatspiegel im Blut immer höher. So kann man die Höhe einer körperlichen Belastung eines Organismus anhand des Lactatspiegels bestimmen. Da Lactat eine Lebenszeit von etwa 20 Minuten hat, ein Muskelkater jedoch erst nach Stunden einsetzt, wenn das Lactat schon längst wieder abgebaut ist, kann der Lactatspiegel nicht für den Muskelkater verantwortlich sein.

Wenn ich nun eine Sportart regelmäßig ausübe und mein Training kontinuierlich langsam steigere, dann wird der Körper auch hierauf reagieren und gemäß den Trainingsreizen meine körperliche Konstitution anpassen und verbessern. Nehmen wir einmal das Beispiel eines Läufers. Ein Läufer, der die Menge als auch die Intensität seines Trainings, langsam aber kontinuierlich steigert, wird wahrscheinlich besser und schneller laufen können als zu Beginn, ohne sich mit einem Muskelkater konfrontiert zu sehen. Wenn dieser Läufer, mittlerweile ein erfahrener Läufer, nun zur Abwechselung einmal einen Berg runter läuft, statt nur in der Ebene zu laufen, wird er einen Muskelkater, wahrscheinlich sogar einen recht starken, bekommen. Und das, obwohl er nur läuft, wie bisher auch. Alle unsere Bewegungen werden von unterschiedlichen Muskelgruppen, unterschiedlich strak durchgeführt. Um eine Treppenstufe nach oben zu steigen, benötigt der Körper nicht alle Muskeln, die im Bein vorhanden sind. Für die Bewegung werden nicht alle verfügbaren Muskeln bereitgestellt, sondern nur so viel wie für diese eine Bewegung notwendig sind. Alle nicht benötigten Muskeln haben frei. Bei einem Läufer, welcher nur auf flachem Terrain unterwegs ist, sind die Muskeln, welche zum Abbremsen beim Bergablaufen benötigt werden, in Urlaub. Wenn dieser Läufer nun bergab läuft, führt er für den Körper eine für ihn, total ungewohnte Aktivität durch.Ungewohnte Aktivitäten benötigen Muskeln, die durch Urlaub geschwächt sind, und geschwächte Muskeln tragen dann kleine Mikrorisse als Schaden davon. 

Ein Muskelkater zeigt mir demnach auf, dass ich eine Aktivität durchführe die ich so noch gar nicht, oder seit Langem nicht mehr, durchgeführt habe. So etwas könnte man auch als Abwechselung bezeichnen. Je abwechselnder mein Training, desto wahrscheinlicher werde ich einen Muskelkater bekommen. Je eintöniger mein Training, oder mein Bewegungsradius ist, desto seltener werde ich wohl mit Muskelkater konfrontiert. Je gleicher mein Training, desto weniger Muskelkater, je unterschiedlicher mein Training, desto wahrscheinlicher der Muskelkater.

Aber ist Muskelkater jetzt gesund? Wenn man die Theorie anwendet, dass „Gesundheit die Abwesenheit von Krankheit ist“, dann ist Muskelkater nicht gesund. Dann bin auch ich nicht gesund, da ich unter einer 3 Gefäßerkrankung leide, Morbus Crohn und einen Tinnitus habe. Hmmmmm.nun fühle ich mich ja mal so gar nicht krank. Im Gegenteil. Ich bin deutlich gesunder, als zu der Zeit, in der ich meine Erkrankungen noch nicht hatte. So möchte ich mein ungesundes Leben ohne Erkrankungen nicht mehr gegen mein heutiges gesundes Leben mit Erkrankungen zurück tauschen. Gesundheit ist für mich mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit. Ich kann auch mit Krankheit gesund sein.

Ohne Erkrankung habe ich geraucht, war Bewegungsmuffel, habe Fleisch mit viel Fett gegessen, war ein Workaholiker, hatte Übergewicht, war gestresst. Heute, mit Erkrankung rauche ich nicht mehr, treibe viel Sport, ernähre mich vegan, habe ein gute Work-Life-Balance, habe kein Übergewicht mehr und bin nicht mehr gestresst. Damit fühle ich mich so was von wohl, im Vergleich zu früher. Das fühlt sich richtig gesund an.

Krafttraining produziert gene Muskelkater

Und jetzt wird mein Muskelkater gesund. Das Gute am Muskelkater ist, dass man ihn hat. Es zeigt, dass man etwas gemacht hat, was der Körper so noch nicht, oder lange nicht mehr, hatte. Der Körper nimmt das nicht krumm, sondern nimmt einen Reiz auf und repariert, ohne bleibende Schäden am Muskel zu hinterlassen. Natürlich sollte man auch dabei die Kirche im Dorf lassen und nicht jeden Tag den gleichen Muskel in heftigste Katerstimmung versetzen. Jeder, durch eine Stimulation erzeugter Muskelkater, endet in einer besseren Muskelversorgung des Körpers.

Wann immer sich die Frage stellt, „Trainiere ich auch so, dass mein Körper sich verbessert?“, könnte die Antwort in einer Gegenfrage liegen: „Wann hattest du deinen letzten Muskelkater“

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